Museum Würth - Emil Nolde

Beeindruckende Kunst zwischen Farbenpracht und brauner Ideologie

Kunstinteressierte der SportKultur Kunst&KulTouR ließen sich von Gabi Wohlfahrt kompetent und charmant durch die sehr sehenswerte Emil-Nolde-Werkschau „Welt und Heimat“ im Museum Würth 2 in Künzelsau führen.

Mit der Ausstellung „Welt und Heimat“ widmet sich das Haus einem der bekanntesten, aber auch umstrittensten Künstler des 20. Jahrhunderts: Emil Nolde (1867-1956) mit seinem bemerkenswerten, künstlerischen Lebensweg: Vom Bauernjungen zum Weltkünstler, abgewiesen von mehreren Akademien, erste Erfolge in der Schweiz mit originellen Postkarten. Rund 150 Werke – Gemälde, Aquarelle, Druckgrafiken und Reiseobjekte – beleuchten das spannungsreiche Schaffen Noldes zwischen regionaler Verankerung und weltweiter Neugier. Ein Großteil der Exponate sind Leihgaben der Nolde Stiftung in Seebüll/Schleswig-Holstein. Die Schau vereint ausdrucksstarke Werke aus Noldes gesamtem Schaffen – von seinen intensiven Landschaftsgemälden aus seiner norddeutschen Heimat bis zu exotisierenden Darstellungen ferner Kulturen. Doch die Ausstellung belässt es nicht bei der Feier eines expressionistischen Ausnahmetalents – sie beleuchtet auch die dunklen Kapitel in Noldes Biografie.

Noldes Malerei ist kraftvoll, seine Farben leuchten – oft in düsteren, manchmal fast mystischen Kompositionen mit Farben voller Wucht und Gefühl. Der Künstler verstand es, Natur, Mensch und Mythos miteinander zu verweben. Bilder wie „Großer Mohn (rot, rot, rot)“ entfalten in der klaren Architektur des Museums ihre volle emotionale Kraft. Die Ausstellung setzt diese Spannungsfelder eindrucksvoll in Szene. Besonders faszinierend ist die Gegenüberstellung von Noldes "Heimat"-Motiven aus Schleswig-Holstein mit seinen "Welt"-Bildern, die auf einer Südsee-Reise 1913/14 entstanden. Was auf den ersten Blick als Ausdruck weltweiter Neugier erscheint, wird bei genauerer Betrachtung zum Spiegel eines kolonial geprägten Blicks auf das Fremde.

Doch das Konzept der Ausstellung geht weiter – und das ist ihr Verdienst. Emil Nolde war bekennender Nationalsozialist, antisemitisch und völkisch eingestellt. Obwohl das NS-Regime seine Werke 1937 als „entartet“ verbannte und über 1.000 Arbeiten aus Museen entfernen ließ, blieb Nolde dem Nationalsozialismus politisch treu. Briefe an Parteigrößen und private Tagebucheinträge dokumentieren seine ideologische Nähe zum Regime – und lassen an seiner Gesinnung keinen Zweifel. Die Ausstellung spart diese Erkenntnisse nicht aus. In einem gesonderten Bereich wird Noldes politische Haltung erläutert und kritisch hinterfragt. Damit gelingt es dem Kuratorenteam die vielschichtige Figur Emil Nolde nicht zu verklären, sondern in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit sichtbar zu machen. „Welt und Heimat“ ist mehr als eine klassische Werkschau. Sie ist ein Beispiel dafür, wie Kunstvermittlung heute funktionieren kann: Ästhetisch ansprechend, historisch verantwortungsvoll – und offen gegenüber unbequemen Wahrheiten.

Text und Foto:              Norbert Klotz